Meine Zeit auf einer Jagd-Farm in Südafrika
von Lina
Mein Name ist Lina Kray, ich bin 18 Jahre alt und komme aus Lüneburg. Ich arbeite jetzt schon seit sieben Monaten in Südafrika auf einer Jagdfarm und werde noch bis Anfang Juli hier bleiben. In meinem Erfahrungsbericht werde ich euch unter anderem darüber berichten, wie ich dazu gekommen bin, auf einer solchen Farm zu arbeiten, was ich hier so mache und was es für Möglichkeiten gibt, etwas zu erleben.
Fertig mit der Schule und was dann?
Nach der Schule stand für mich eigentlich schon von Anfang an fest, dass ich ins Ausland gehen will. Ich wollte gerne ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren. Dass doch alles anders gekommen ist und ich am Ende auf einer Jagdfarm arbeite, hätte ich niemals gedacht. Ich habe mich mit den Bewerbungen für ein FSJ bereits auf Afrika festgelegt. Südafrika kam in meine engere Auswahl, da man hier Englisch spricht. Zu dem Zeitpunkt haben mich Australien und auch Amerika nie wirklich gereizt. Das sind einfach Kontinente, wo jeder hingeht und die überall präsent sind. Ich wollte einfach in ein exotisches Land, worüber man noch nicht viel weiß. Südafrika habe ich mir immer als ein riesiges Land vorgestellt, in dem noch viele Urvölker traditionell leben sowie man Löwen, Elefanten und Co. an jeder Ecke trifft.
Wie kommt man darauf, auf einer Jagdfarm zu arbeiten?
Das ist eigentlich ganz einfach. – „It is not what you know, it is who you know!” Man muss nur die richtigen Leute kennen. Eine gute Freundin hat mich darauf gebracht und dafür bin ich ihr auch sehr dankbar. Ihr Vater hat ein Jagdbüro bei uns in Lüneburg und er kennt den Besitzer der Jagdfarm. Kontakte ausgetauscht, beworben und dann hat es einfach gepasst. Natürlich gehört dazu auch ein bisschen Glück. Für meine ganzen Bewerbungen für das FSJ erhielt ich nur Absagen. Darüber bin ich im Nachhinein ziemlich froh, da ich glaube, mit dem, was ich jetzt mache, das Bessere gefunden zu haben. Dort hätte ich wahrscheinlich nicht ansatzweise so viel Neues, Abwechslungsreiches und Interessantes gelernt und erlebt wie hier.
Die Jagdfarm, mein Zuhause und meine Gastfamilie
Die Farm liegt im Kwazulu-Natal im Zululand südlich vom Swasiland. Die nächstliegende Stadt, die in 45 Minuten Autofahrt zu erreichen ist, heißt Pongola (ca. 2.000 Einwohner). Die Hauptstadt Johannesburg liegt von Pongola ca. 450 km entfernt, was hier fast ein Katzensprung ist, denn Südafrika ist wirklich sehr groß.
Bei der Farm handelt es sich um eine Jagdfarm. Auf den einen oder den anderen mag das jetzt abschreckend wirken. Für mich selber war es auch das erste Mal, dass ich überhaupt mit der Jagd in Kontakt gekommen bin. Meine Familie pflegt nicht die Tradition des Jagens. Ich muss sagen, dass ich vorher etwas skeptisch war, ob ich mit dieser Art von Farm klarkommen würde. Bis jetzt habe ich jedoch nur positive Erfahrungen gemacht und bin froh, dass ich mich davon nicht habe abschrecken lassen. Dadurch konnte ich wirklich sehr viel Neues erfahren und weiß jetzt, was Jagen wirklich bedeutet und dass viele Leute der Jagd gegenüber Vorurteile hegen, die einfach nicht gerechtfertigt sind.
Es kommen hauptsächlich deutsche Jäger auf unsere Farm, die ihren Urlaub hier verbringen wollen. Auf der Farm gibt es eine Lodge, das Haupthaus und fünf kleine Häuschen drum herum, in denen die Gäste schlafen. Einen Pool haben wir hier auch, was bei dem Wetter auch wirklich sinnvoll ist! Die Gäste gehen fast täglich mit einem Berufsjäger, der sozusagen der Guide ist und sich um sie kümmert, auf 10.000 Hektar jagen. Neben der Jagd bieten wir auch Tagesausflüge zum Fischen oder zum Sightseeing der Umgebung an. Auch kann man nach St. Lucia zum Hochseefischen ans Meer fahren. Umrahmt von Bergen lebe ich hier direkt auf der Farm. Ich habe mein eigenes kleines Zimmer und teile mir mein Badezimmer mit meiner Zimmernachbarin. Sie kommt aus Pongola, ist fest angestellt und ich unterstütze sie bei der Arbeit.
Der Farmbesitzer wohnt mit seiner Familie, bestehend aus seiner Frau und seinen beiden Töchtern (12 und 15 Jahre alt), auch auf der Farm. Das Gute ist, dass sie alle Deutsch sprechen. Bei ihnen fühle ich mich, auch wenn ich für sie arbeite, als Teil ihrer Familie. Mit meinen beiden Gastschwestern verstehe ich mich auch sehr gut. An den Wochenenden, an denen die Familie etwas unternimmt, kann ich sie meistens begleiten, wodurch man eine Menge sieht und viel über das südafrikanische Leben erfährt.
Das südafrikanische Leben und meine Aufgabenfelder
Ich habe hier einen ganz normalen Arbeitsalltag, wie man ihn in Deutschland auch hat. Der einzige Unterschied sind die Arbeitszeiten. Wir arbeiten, wenn Gäste da sind, von Montag bis Sonntag. Die Hauptsaison ist hier von März bis ungefähr September. Im Dezember haben wir Urlaub und auch in den Zeiten, in denen keine Gäste anwesend sind, hat man weniger zu tun und mehr Zeit für Unternehmungen. Mein Arbeitstag beginnt meistens um 7:00 Uhr morgens.
Zu meinen Aufgabenfeldern gehören hauptsächlich:
- Lodgemanagement (unter Lodge versteht man die Unterkunft der Gäste)
- Küchenarbeit
- Gartenarbeit
- Service der Gäste
- Fahrdienst (an den Linksverkehr hat man sich nach einiger Zeit gewöhnt)
- Beschäftigen mit meinen Gastschwestern und sie in Deutsch unterrichten
Das bedeutet unter anderem, dass ich die Räume checke, den Gästen ihre Wünsche erfülle, Vorräte auffülle, Einkaufslisten schreibe, einkaufen gehe und aufräume. An manchen Tagen helfe ich sogar in der Schlachterei mit, die sich auf der Farm befindet. Dort wird das gejagte Wild geschnitten, Wurst hergestellt oder das für Südafrika typische getrocknete Fleisch, das sogenannte „Biltong”, produziert. Ich persönlich muss mich noch an diesen ursprünglichen und kräftigen Wildeschmack gewöhnen. Sonst essen wir hier fast nur unser selbstgeschossenes Wild.
Man sieht, dass es auf der Farm eine Menge unterschiedlicher Arbeiten zu tun gibt. Wenn mal nicht viel los ist, fahre ich auch gerne mit raus zum Jagen, da man dann immer viele Tiere sieht.
Um ca. 14:00 Uhr ist die meiste Arbeit getan. Man kann dann entspannen oder, so wie ich das immer mache, mit dem Hund im Revier joggen gehen. Ab 18:00 Uhr bin ich wieder in der Lodge, bereite Snacks vor und kümmere mich um die Gäste, die von der Jagd kommen und meistens sehr durstig sowie hungrig sind. Natürlich darf ich immer mit das Drei-Gänge-Menü genießen. Wenn die Gäste ins Bett gegangen sind, wird noch schnell aufgeräumt und um ungefähr 21:00 Uhr habe ich Feierabend.
Vom Enthornen der Nashörner bis zu Spaziergängen mit Giraffen
In meiner Freizeit kann ich hier eine unglaubliche, unendliche Natur erleben, die auch noch nach sieben Monaten spannend ist. Ich kann drei Stunden lang Spaziergänge machen, ohne auf einen Menschen zu treffen. Nachts kann ich einen unglaublichen Sternenhimmel betrachten, ohne von Lichtern oder Autolärm gestört zu werden. In unmittelbarer Nähe kann ich Tiere sehen, die ich sonst nur im Zoo beobachten kann. Ich gehe angeln, füttere Krokodile und bin dabei, wenn Nashörnern das Horn abgeschnitten wird, um sie vor Wilderern zu schützen. Ich glaube, all dieses unterscheidet Südafrika und das Leben auf einer Farm von anderen Ländern und natürlich von Zuhause. Südafrika ist ein exotisches Land mit tollen Möglichkeiten und einer unberührten Naturwelt. Hier ist man weit weg von Menschenmengen und Aktion. Hier kann man abschalten und ganz neue Erfahrungen sammeln.
Wer auf Shoppingtouren und Parties hofft, ist auf einer solchen Farm fehl am Platz. Natürlich kann man in die nächstgrößere Stadt fahren und findet dort all dies wieder, was in Deutschland auch zu finden ist, aber es ist halt eben nicht immer in unmittelbarer Nähe. Mein Glück ist es, dass meine Gastfamilie mich oft zu Ausflügen mitnimmt. Das kann zum Hockeyturniere, zum Shoppen in Richard’s Bay oder jetzt im April zum Fischen in Mosambik sein.
Worauf muss man sich auf einer Farm einstellen?
Sich auf einen Farmaufenthalt in Südafrika vorzubereiten, ist nicht ganz einfach, da es meistens ganz anders kommt, als man denkt. Worauf man sich aber schon einmal einstellen sollte, ist, dass die Arbeit, die man verrichtet, nicht immer die einfachste ist. Natürlich kann das von Farm zu Farm anders sein, aber auf den meisten Farmen ist es halt so, dass man im Garten oder auch in der Küche arbeiten muss. Man ist draußen viel unterwegs und darf sich nicht zu schade sein, körperlich zu arbeiten und dabei mal dreckig zu werden.
Was man auch vorher wissen sollte, besonders wenn man ein „Stadtkind“ ist, ist, dass man hier auf einer Farm lebt, wo in 15 km Entfernung oder mehr, keine Menschen anzutreffen sind. Das heißt, dass keine spontane Unternehmungen und Treffen möglich sind. Da kann es auch mal passieren, dass man sich für eine oder zwei Wochen nur auf der Farm befindet und nicht in die Stadt kommt. Ich finde, dass diese “Isolation” anfänglich Vorteile mit sich bringt. Man merkt, dass man auch mal ohne diese ganzen Aktionen, die man als Stadtkind für so selbstverständlich hält, leben kann. Man muss sich darauf einstellen, dass man abends nicht mal eben in die Stadt fahren kann, um zu feiern oder sich mit Freunden zu treffen. Bis jetzt hat es mich persönlich nicht wirklich gestört. Es hat mir gezeigt, dass ich auch eine gewisse Zeit ohne diese Art von Freizeitgestaltung leben kann. Jetzt nach sieben Monaten merke ich erst, dass es diesen sozialen Aspekt hier nicht gibt. Man hat immer dieselben Menschen um sich herum, aber dafür sehr viel Natur. Ob man für eine längere Zeit so leben kann und möchte, muss jeder für sich selber entscheiden. Wirklich schlimm finde ich es jedoch nicht, da ich weiß, wenn ich wieder zu Hause bin, dass ich mich wieder ohne großen Aufwand mit meinen Freunden verabreden kann. Das Schöne daran ist, dass ich es in vollen Zügen genießen werde und es zu schätzen weiß.
Kleine Tipps für zukünftige Farmjobber
Versuche dir vor deiner Reise, wenige Vorstellungen davon zu machen, und so offen wie möglich, an die Sache heranzugehen. Wenn du dir zu viel ausmalst, bist du am Ende vielleicht enttäuscht, weil doch alles ganz anders ist, als du es dir vorgestellt hast. Nimm die Sache so gelassen hin, wie du kannst, aber gib’ trotzdem dein Bestes. Der Anfang wird hart sein. Du wirst so viele neue Dinge lernen sowie sehen und ständig denken, dass du wirklich fast alles falsch machst. In dieser Zeit darfst du nicht aufgeben, sondern musst weitermachen. Bald wirst du merken, dass du besser und dich auf der Farm mit all ihren Arbeiten immer wohler fühlen wirst. Auch wenn du mal eine Aufgabe aufgetragen bekommst, worauf du überhaupt keine Lust hast, musst du einfach die Zähne zusammenbeißen und den Job machen. Denn nur so wirst du über dich hinauswachsen.
Du wirst Dinge erfahren, sehen und erleben, die du zu Hause auf dem Sofa nie erleben würdest. Gib dir einen Ruck und gehe raus in die weite Welt. Wage Dinge, die du dir vorher nie zugetraut hättest. Du wirst es nicht bereuen und Erinnerungen sammeln, die dich dein Leben lang begleiten werden.
Wenn du Lust hast, mich bei meinem restlichen Farmaufenthalt hier in Südafrika zu begleiten, kannst du gerne meinen Blog unter linakray.wordpress.com besuchen.
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