mit Ines
Topjob in Melbourne
Wenn man an Work and Travel in Australien denkt, kommen einem meist Bilder von Erntehelfern, Barkeepern oder Farmarbeitern in den Sinn. Aber 300 Dollar am Tag verdienen in einem angenehmen Bürojob? Auch das kann Work and Travel sein und genau das hat Ines Habben aus Hamburg während Ihres Work and Travel Aufenthalts in Australien gemacht. Für 6 Monate hat sie in einer Werbeagentur im Central Business District von Melbourne gearbeitet und so ihr Reisebudget für den darauf folgenden Asien-Trip zusammen gespart. Abseits der gängigen Backpacker-Klischees hat sie, wie sie selbst sagt, ein ganz normales Leben in einer der schönsten Städte der Welt der geführt. Wie sie das genau angestellt hat, was man dazu benötigt und wie Sie die Chancen für andere Work and Traveller einschätzt, hat Sie uns in einem ausführlichen Interview verraten.
Du bist ja nicht wie viele andere Work and Traveller direkt von Deutschland aufgebrochen, sondern hattest davor auch schon einige Stationen hinter dir. Wie war das genau?
Vor Australien war ich gut acht Monate in Südamerika unterwegs. Ich bin von Hamburg nach Venezuela geflogen und habe mich dann langsam von dort Richtung Süden durchgearbeitet. Stationen auf diesem Teil meiner Reise waren Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Chile, Argentinien und Brasilien. Von Ecuador aus habe ich auch einen zweiwöchigen Trip auf die Galapagos-Inseln gemacht, was ein absolutes Highlight war. Von Buenos Aires aus bin ich dann schließlich nach Australien geflogen. Mein Plan war dort über das Working Holiday Visum zu arbeiten und genug Geld für einen Asien-Trip im Anschluss zu verdienen.
Hattest du von Anfang an geplant in Australien halt zu machen.
Das war eigentlich von Anfang an so geplant. Mein Budget reichte für Südamerika und es war eigentlich klar, dass ich danach wieder Geld verdienen muss. Und so kam es dann auch. Ich war wirklich ziemlich pleite als ich in Australien angekommen bin, was sich dann aber überraschend schnell regeln sollte.
Auslandsjob.de: Work and Travel kann man ja auch in Neuseeland, Kanada und mittlerweile auch einigen anderen, exotischeren Ländern machen. Warum hast du dich für Australien entschieden?
Ich wollte eigentlich schon immer einmal nach Australien. Zudem kannte ich dort auch Leute, eine befreundete Familie in Melbourne, die mir Ihre Unterstützung angeboten hatten. Zum Beispiel konnte ich dort für die gesamte Zeit meines Aufenthalts umsonst wohnen, was ich dann auch für gut sieben Monate getan habe. Von daher erschien mir das Ganze sehr praktisch und wie gesagt, mein Fokus lag zu dem Zeitpunkt hauptsächlich auf dem Geldverdienen. Ich wollte arbeiten und für Asien ansparen. Die Voraussetzungen dafür erschienen mir in Australien am günstigsten. Gerade auch durch die Unterstützung meiner Bekannten hatte ich dort im Nachhinein betrachtet eine wunderbare Zeit.
Du warst also schon vorher einige Zeit unterwegs. Hast du überhaupt Zeit gehabt dich unterwegs auf Australien vorzubereiten?
Um ehrlich zu sein habe mich nicht großartig vorbereitet. Ich habe in Bolivien mein Working Holiday Visum beantragt, was ich dann auch innerhalb von nur drei Stunden erhalten habe. Das war schon überraschend schnell muss ich sagen. Daneben habe ich noch meinen englischen Lebenslauf vorbereitet, den ich dann in Australien mit meinen Bekannten finalisiert habe. Aber davon abgesehen habe ich nicht viel getan. Auch um die Jobsuche habe ich mich erst im Land gekümmert, was auch rückblickend genau die richtige Taktik war.
Du hast ja bereits in Deutschland Arbeitserfahrung gesammelt. Was genau hast du dort gemacht bevor es losging?
Von 2007 bis 2009 habe ich zunächst eine Ausbildung als Kauffrau für Marketingkommunikation in einer Werbeagentur in Hamburg gemacht. Nach der Ausbildung bin ich auch noch ein Jahr in dieser Agentur geblieben. Danach habe ich in eine größere Netzwerkagentur gewechselt, ebenfalls in Hamburg, wo ich dann eineinhalb Jahre im Account Management tätig war. Also habe ich letztlich zweieinhalb Jahre regulär gearbeitet bevor ich dann gekündigt habe und auf Reisen gegangen bin.
War es von vornherein dein Plan in Australien einen Job in der Werbebranche zu finden oder hat sich das Ganze eher zufällig ergeben?
Ursprünglich hatte ich schon mit dem Gedanken gespielt etwas ganz anderes auszuprobieren. Aber zu dem Zeitpunkt war mein Reisebudget schon so erschöpft, dass ich wirklich dringend Geld brauchte. Also habe ich mir gedacht: „Bleib doch erst einmal bei dem was du kannst und gelernt hast.“ Und so habe ich mich ganz konkret auf Jobs beworben, die mit Werbung und Account Management zu tun hatten. Und das hat dann auch sehr schnell und sehr gut geklappt.
Melbourne Kälte
Wie bist du dann ganz konkret an die Jobsuche gegangen und wie bist du letztlich an deinen Job gekommen?
Ich habe viel auf seek.com.au und auch auf LinkedIn gesucht, wobei die meisten Angebote eher auf seek zu finden waren. Dabei muss man wissen, dass in Australien viele der Jobanzeigen über Recruiting-Firmen oder Headhunter laufen, die für Ihre Unternehmenskunden geeignete Kandidaten suchen und vermitteln. Über ein solches Unternehmen bin auch letztlich ich an meinen Job in Melbourne gekommen. Gesucht wurde ein Freelance Account Manager für eine kleinere Werbeagentur und der Recruiter hatte mir dann auch sehr schnell ein Vorstellungsgespräch besorgt. Das wiederum hat in einem Café stattgefunden und lief dementsprechend sehr ungezwungen und locker ab. Direkt im Anschluss habe ich auch die Zusage bekommen und nach nur einer Woche ging es dann auch schon los. Angedacht war eigentlich eine Anstellung für zwei Monate, aber letztendlich sind dann sechs daraus geworden. Das ist auch das Maximum, was man als Work and Traveller bei einem Arbeitgeber machen kann.
Wie gestalten sich das Bewerben und der Einstellungsprozess aus deiner Sicht im Vergleich zu Deutschland?
Mit dem Recruiting-Unternehmen hatte ich eigentlich nur kurz und ausschließlich telefonisch Kontakt. Ich hatte meinen Lebenslauf versendet und nach einem ersten Kontakt habe ich dann auch sehr schnell ein Vorstellungsgespräch vermittelt bekommen. Das lief alles sehr zügig und vor allem unkompliziert. Insgesamt würde ich schon sagen, dass der Einstellungsprozess etwas entspannter und lockerer als in Deutschland abläuft.
Was aber besonders ist, ist die Gestaltung des Lebenslaufs. Hier sollte man sich vorab gut informieren, den der Still ist ganz anders als bei uns. Im Internet gibt es gute Quellen die man hier als Vorlage nutzen kann. Zum Beispiel wird kein Bild angehangen, es wird keine Angabe zum Alter gemacht und der berufliche Werdegang wird viel konkreter beschrieben als bei uns üblich. Stichworte sind hier „responsibilities“ und „achievements“.
Hattest du Arbeitszeugnisse auf Englisch dabei oder ging das auch ohne?
Nein, das habe ich nicht gemacht und ist wohl auch nicht üblich. Ich hatte lediglich die Kontaktdaten meiner ehemaligen Chefs angegeben. Dort angerufen hat dann letztendlich aber weder der Recruiter noch mein eigentlicher Arbeitgeber. Für eine Langzeitstelle ist es aber durchaus möglich, dass die vorherigen Chefs wegen einer Referenz angerufen werden.
Auf was für Qualifikationen achten Recruiter oder Arbeitgeber in dem Bereich in Australien am meisten?
Ich glaube, wenn man zeigen kann, dass man kompetent, arbeitswillig und motiviert ist, hat man schon viel gewonnen. Generell ist mein Eindruck, dass Arbeitgeber in Australien eher einmal bereit sind jemandem eine Chance zu geben wenn man im Gespräch überzeugt. Das kann in jedem Fall ein Vorteil sein. Aber wichtig sind auch ganz konkrete Formalitäten. Zum Beispiel ist sehr wichtig dass man bei der Bewerbung eine australische Adresse und Telefonnummer angeben kann. Wenn man dies nicht hat und somit nicht darlegen kann, dass man sich im Land aufhält, wird eine Bewerbung von Vornherein kaum Chancen haben. Von daher war es eigentlich genau richtig, dass ich mich nicht bereits in Südamerika für Jobs beworben habe.
Und das Arbeiten an sich? Wie unterscheidet sich das Arbeitsleben in der Werbebranche oder auch generell von dem hierzulande?
Mein Job in Melbourne war relativ einfach muss ich sagen. Aber das ist natürlich sehr subjektiv und lässt sich sicher nicht auf andere Jobs übertragen. Allgemein fand ich aber das Arbeitsklima, sowohl im Umgang mit den Kollegen als auch unseren Kunden, als sehr angenehm und harmonisch. Ich glaube, dass dies einfach mit der generellen Mentalität der Australier zusammen hängt. Sie sind sehr lebensfroh, sehr positiv und sehr umgänglich, was das Arbeiten um einiges angenehmer macht. Und ein weiterer Unterschied sind sicherlich die Arbeitszeiten. Bis 6 oder 7 Uhr abends zu arbeiten gilt dort schon als relativ lang. In Deutschland und gerade auch in der Werbung, sind solche Zeiten ja eher die Regel als die Ausnahme.
Wo liegt der Stundenlohn für eine Tätigkeit wie du sie gemacht ist im Schnitt?
Also ich habe einen Tagessatz von 300 Dollar bekommen was einem Stundenlohn von 37,50 Dollar entspricht. Das ist schon sehr gut. Soweit ich weiß, liegt der Mindestlohn aktuell bei 16,85 Dollar. Das Gute ist auch, dass das Gehalt alle zwei Wochen ausbezahlt wird. Das macht die Planung einfacher und man gibt sein Geld auch ganz anders aus. Am Ende habe ich dann durch die Steuererklärung, den Taxback, nochmals eine gute Summe zurückbekommen. Insgesamt hat sich das Ganze finanziell auf jeden Fall gelohnt.
Wie schätzt du die Chancen eine solche Tätigkeit als Backpacker zu bekommen? Gibt es entsprechenden Bedarf?
Ja, aus meiner Sicht schon. Mein Eindruck war auch, dass Deutsche als Arbeitskräfte durchaus angesehen und nachgefragt sind. Unser Ruf eilt uns da ein wenig voraus, was bei der Jobsuche natürlich von Vorteil sein kann. Diese typisch deutschen Qualitäten wie Gründlichkeit, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit, egal ob Klischee oder nicht, sind dort bekannt und auch angesehen. Wenn man dann noch etwas Erfahrung mitbringt, glaube ich schon dass man als Bewerber gute Chancen hat.
Was sind deine wichtigsten Tipps für die Jobsuche in Australien, gerade auch für jemanden der schon etwas Berufserfahrung hat?
Wichtig ist wie gesagt seinen Lebenslauf zu aktualisieren und an die lokalen Besonderheiten anzupassen. Dann sollte man sich auch schnellstmöglich eine lokale Telefonnummer besorgen um diese dann auf den Bewerbungsunterlagen anzugeben. Sobald man dann soweit ist, heißt es recherchieren und bewerben, bewerben und bewerben. Generell sind Jobangebote in der Werbung in den größeren Städten natürlich viel eher zu finden als in ländlicheren Gegenden. Das ist ja bei uns in Deutschland ganz ähnlich.
Wie würdest du generell deine Zeit in Melbourne zusammenfassen?
Durch meine Arbeitskollegen und den Familienanschluss habe ich relativ schnell viele neue Leute kennengelernt. Zudem habe ich mir Sport gesucht, was in Melbourne auch ziemlich einfach ist. Ich habe zum Beispiel in einer größeren Gruppe Parcour gemacht und in der Uni-Mannschaft Volleyball gespielt. Darüber und über meine Kollegen habe ich dann auch schnell viele Leute kennengelernt. Wir waren oft auswärts essen da Melbourne eine wirkliche vielfältige und abwechslungsreiche Küche bietet und dafür auch durchaus bekannt ist. Zudem gehört das gemeinsame Ausgehen einfach auch zur Kultur dazu, viel mehr als es bei uns der Fall ist. Im Endeffekt habe ich aber ganz normal gelebt und mich während dieser Zeit auch gar nicht so als Backpacker gesehen. Das ging dann erst wieder danach in Asien los.
Du warst ja ein wenig älter als die typischen Backpacker, die oft direkt nach dem Abi losziehen und standst schon mitten im Beruf. War das eine schwierige Entscheidung für dich?
Eigentlich überhaupt nicht. Es war lange geplant und gut überlegt. Ich wollte schon immer so einen Trip machen, war aber meiner Meinung nach vorher noch nicht wirklich bereit dazu. Als ich mich dann letztendlich dafür entschieden habe, war eigentlich alles klar und ich habe mich riesig auf das anstehende Abenteuer gefreut. Es war anfangs schon etwas komisch alles aufzulösen und aufzugeben und dann auch wirklich endgültig aufzubrechen. Und ich muss auch zugeben, dass ich etwas Eingewöhnungszeit gebraucht habe. Aber dadurch, dass ich einen Plan hatte und wusste wo es hingeht, hat sich das ziemlich schnell erledigt. Die Entscheidung ist schwer, aber wenn man sie getroffen hat, freut man sich und alles Weitere ergibt sich.
Und im Nachhinein betrachtet, würdest du sagen, es hat sich gelohnt?
Auf jeden Fall. Es war eine wirklich einmalige Zeit die mich auch einfach persönlich weitergebracht hat. Zum Beispiel habe ich ein anderes, und ich würde sagen gesünderes Verhältnis zu materiellen Dingen entwickelt. Man braucht nicht viel um glücklich zu sein und sich heimisch zu fühlen. Generell ist es sehr befreiend, dass man nicht mehr so an Gegenständen hängt und sich davon abhängig macht. Ich habe realisiert, dass man mit wenig sehr gut auskommen kann. Das ist in jedem Fall eine der wichtigsten Lektionen, die ich auf dem Weg gelernt habe.
Wie hat sich der Wiedereinstieg zu Hause gestaltet? War es schwierig wieder einen Job zu finden? Schließlich warst du ja gut 2 Jahre unterwegs.
Auch hier hatte ich wieder ziemlich viel Glück. Auf meiner Reise habe ich einen ehemaligen Arbeitskollegen getroffen, der gerade mit seiner Frau in Thailand unterwegs war. Über diese Bekanntschaft habe ich dann im Endeffekt fast direkt im Anschluss meinen derzeitigen Job gefunden. Ich muss aber schon sagen, dass der Wiedereinstieg schwer war. Es war schwer wieder rein zukommen, schwer sich wieder der Mentalität hier anzupassen und seinen Platz zu finden. Man kommt mit so vielen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen zurück und zu Hause hat sich dagegen nicht viel bewegt. Damit umzugehen ist, gerade am Anfang, nicht ganz so einfach.
Was würdest du jemanden sagen, der darüber nachdenkt Work & Travel zu machen, sich aber noch nicht ganz sicher ist?
Einfach nicht drüber nachdenken, sondern buchen! So einfach ist es natürlich nicht, aber das ist eine Chance, die einmalig ist und wenn man sie hat, dann sollte man sie auch nutzen. Aus meiner Sicht sollte so etwas jeder Mensch einmal gemacht haben. Einfach mal aus dem gewohnten Umfeld raus, etwas riskieren und sich neuen Herausforderungen stellen. Als Mensch kann man von solch einer Erfahrungen nur profitieren. Ich kann jedem, der mit dem Gedanken spielt, empfehlen es zu machen. Alles andere läuft einem ja nicht weg.
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