Oh Canada! | Working Holiday Erfahrungen


von Friederike

10 Monate im zweitgrößten Land der Erde sind für mich nun vorbei. Die Zeit verging rasend schnell und ich habe leider nicht alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe. Aber es heißt ja schließlich auch WORK and Travel und das bedeutet, dass man mitunter schon mal für ein paar Monate am gleichen Ort bleiben muss, um sich was zu verdienen.

Station 1: Toronto

Meine Reise begann in der größten Stadt des Landes, Toronto. Ich bin zusammen mit zwei anderen deutschen Mädels von Frankfurt aus gestartet und anders als für die beiden, die die erste Zeit noch in einer Sprachschule verbracht haben, ging es für mich sofort um Kopf und Kragen. Am dritten Tag nach meiner Ankunft habe ich sofort schon mit der Jobsuche angefangen, was in einer so großen Stadt wie Toronto jedoch nicht ganz so leicht ist. Ich war nämlich nicht die einzige, die nach Arbeit Ausschau gehalten hat. Der Wettbewerb ist riesig, weil  die Stadt für viele Menschen sehr attraktiv und anziehend ist. Zwei Wochen bin ich umher gelaufen, immer wieder die Straßen auf und ab, habe überall meinen Lebenslauf abgegeben und zusätzlich dazu noch im Internet nach Arbeit geschaut. Im Nachhinein hätte ich mich vielleicht vor meiner Abreise schon darüber informieren sollen, was es für Möglichkeiten gibt und in welche Viertel ich überall gehen kann um zu suchen. Aber ich habe die Stadt unter- und meine Fähigkeiten überschätzt. Übernachtet habe ich meist im Hostel, aber eine viel bessere Möglichkeit Leute (besonders Einheimische) kennenzulernen, ist das Couchsurfen. Ich kann jedem empfehlen, sich auf der Webseite anzumelden und loszusurfen, weil es natürlich auch billiger ist, so als positiver Nebeneffekt.

WWOOFing – World-Wide Opportunities On Organic Farms

Nach einiger Zeit hatte ich dann (auch durch die hohen Kosten, die auf mich zukamen) keine Lust mehr zu suchen und habe nach einem Plan B geschaut. Zum Glück hatte ich mich in Deutschland schon als WWOOFER angemeldet, also als freiwilliger Arbeiter auf Farmen gegen Kost und Logis und habe auch sofort eine gefunden, die mich aufgenommen hat. Dort bin ich drei Wochen geblieben, habe beim Ernten geholfen und sehr viel gelernt. Das Wetter war zu dieser Jahreszeit Ende August auch noch sehr schön und ab und zu habe ich mit den Hunden der Farmer zur späten, aber warmen Abendstunde die Gegend erkundet. Ich bin solange dort geblieben, wie eines der deutschen Mädchen, mit denen ich nach Kanada gekommen bin, mit dem Sprachkurs fertig war. Von nun an waren wir zu zweit und für die Zeit bin ich auch echt dankbar! Denn alles hat so viel mehr Spaß gemacht und man hatte immer eine Sicherheit. Zusammen sind wir von Toronto aus nach Kingston gefahren, eine wunderschöne Universitätsstadt am Lake Ontario und haben für drei weitere Wochen noch einmal eine Farm besucht.

Station 2: Ottawa & Québec

Weil es im Herbst dann schon relativ kalt wurde und es auf der Farm kaum noch Arbeit gab, haben wir unser nächstes Ziel in Angriff genommen: Ottawa! Dort haben wir beide schließlich schon nach wenigen Tagen Arbeit und ein Apartment gefunden, nachdem wir uns ein bisschen durch die Stadt gecouchsurfed haben. In den drei Monaten, die wir zusammen dort gelebt haben, haben wir auch einiges unternommen, waren zum Beispiel im Gatineau-Park direkt vor der Stadt, haben uns jeden Donnerstag (freier Eintritt) ein anderes Museum angeschaut und haben es uns auch nicht nehmen lassen, das Nachtleben ausgiebig zu testen.

Im Winter haben sich unsere Wege dann aber getrennt, ich habe meinen Weg weiter nach Osten verfolgt um endlich ein bisschen mehr Französisch zu lernen und meine Freundin ist nach Westen gezogen. Ich bin noch einmal auf ein paar Farmen gegangen, habe mir mit meinem Freund (der mich aus Deutschland besuchen kam), die Städte Montreal, New York und Washington D.C. angeschaut und nun endlich einmal einen richtigen Einblick in das Leben der frankophonen Bevölkerung Kanadas bekommen. Für alle, die genauso wie ich ihr Französisch verbessern wollen: es ist verdammt schwer, irgendetwas der Quebecois, wie die Bewohner Quebecs genannt werden, zu verstehen. Das Ohr muss sich erst an die bizarre Aussprache und Ausdrucksweise gewöhnen und man muss sich darauf gefasst machen, dass die Menschen einen nicht verstehen, wenn man im gelernten Pariser, oder auch Standardfranzösisch anfängt zu sprechen. Aber immer Geduld haben!

Station 3: Halifax

Als mein Freund nach einem Monat wieder nach Deutschland zurück ist, hat mich mein Weg über die Hauptstadt Quebecs, Quebec City, zur nächsten Stadt, ganz in den Osten an die Küste, nach Halifax geführt. Hier wollte ich noch einmal mein Glück versuchen und Arbeit finden, was sich aber als genauso schwierig wie in Toronto herausstellte. Nicht, dass in Halifax wahnsinnig viele Menschen Arbeit suchen, nein, es gibt einfach zu wenig Menschen, die jemanden einstellen wollen. Denn auch, wenn ich nie gesagt habe, dass ich nur für ein paar Wochen bleiben kann, waren die meisten Arbeitgeber durchaus mit dem Working Holiday Visa vertraut und wussten, dass ich nicht auf Dauer in Halifax bleibe. Das hat mir die Suche sehr schwierig gemacht, aber auch dass in diesem Jahr der Frühling nicht so recht anbrechen wollte und die Touristen deswegen ausblieben. Schlussendlich gab es dann für mich aber nicht nur einen Job, sondern gleich drei! Das Glück und die ganze Arbeit, die ich in die Suche gesteckt habe, waren mir hold! Eine Woche konnte ich es mit der Dreifachbelastung aushalten, aber dann wurde es mir einfach zu viel. Und so habe ich, wie auch schon in Ottawa, in einem Café gearbeitet und mich an dem massiven Trinkgeld erfreut. So ging das Jahr dann auch irgendwann zu Ende…

Der Abschluss war nicht ganz so toll, da mir kurz vor dem Heimflug leider noch meine gesamten wichtigen Dokumente (wie auch der Pass) geklaut wurden und ich noch irre viel Stress hatte, mir einen neuen zu besorgen, aber auch diese Situation habe ich gemeistert und bin Anfang Juli wieder heil und glücklich in Deutschland angekommen. What doesn’t kill you makes you stronger! Ich kann jedem nur empfehlen, sich in das Abenteuer zu stürzen, sich auszuprobieren und eine neue Kultur kennenzulernen! Man wächst daran und erinnert sich immer gerne zurück.

Fazit & Working-Holiday Tipps:

Tipp 1

Viele überlegen ja, ob sie mit oder ohne Organisation in ein fremdes Land zum Reisen und Arbeiten gehen sollen. Ich habe mich für eine entschieden, aber kann nur jedem empfehlen, es ohne zu tun. Denn meistens helfen sie einem nicht so wirklich und dafür muss man verdammt viel Geld zahlen. Jobs muss man sich zum Beispiel ohne Hilfe suchen und alles, was man von ihnen als Tipps bekommt, ist leicht im Internet zu finden. Ich war zu dem Zeitpunkt der Suche jedoch sehr unsicher und brauchte einen Ansprechpartner, denn in den großen Städten Toronto, Vancouver und Whistler finden sich die meisten Büros für Leute wie mich, wo man immer hingehen und zum Beispiel den Computer nutzen kann (echt hilfreich, wenn der Laptop kurz vor der Reise irreparabel kaputt gegangen ist)

Tipp 2

Für einen Aufenthalt auf einer Farm oder anderen Einrichtungen, die Hilfe brauchen, lohnt es definitiv, sich auf diesen Webseiten anzumelden: workaway.info, helpx.net oder wwoof.ca. Auch das kleine Entgelt, dass man dafür bezahlen muss ist es wert, denn so gewinnt man einen Einblick in das Leben der Menschen und kann tiefe Freundschaften schließen. Noch dazu versorgen die Farmer einen mit hilfreichen Tipps und kennen hier und da irgendwen, der irgendwen kennt, der einem einen Gefallen tun kann (Networking – nichts geht über Beziehungen!)

Tipp 3

Für die Jobsuche (aber auch, wenn man sich mal ein Fahrrad kaufen will oder nach Wohnungen sucht) ebenfalls Internetseiten zur Hilfe nehmen (kijiji.ca oder craigslist.ca)

Tipp 4

Immer up to date bleiben, wie die Chancen stehen, eine Arbeit in dieser oder jener Stadt zu finden und zu welcher Jahreszeit die Suche am leichtesten fällt. Im Westen des Landes kann man zum Beispiel sehr gut an Wintersport-Jobs kommen.

Tipp 5

Man sollte sich schon vor seiner Abreise genau überlegen, was mit in den Rucksack soll. Und auch, ob man überhaupt mit Rucksack oder nicht doch lieber mit Koffer reist. Ein Koffer ist definitiv entspannter, was das Packen angeht und man findet Dinge leichter, aber gerade im Winter mit viel Schnee ist es angenehmer, etwas auf dem Rücken zu haben und nichts durch den Matsch ziehen zu müssen. Außerdem nutzen die Rollen des Koffers sehr leicht ab. Was das Gepäck angeht: viele Dinge kann man sich auch in Kanada kaufen (auch wenn es z.T. erheblich teurer ist als zu Hause) oder nachschicken lassen.

Tipp 6

Gerade in den ersten Wochen war es für mich sehr schwer, vernünftig mit dem Geld umzugehen. Die Lebensmittelpreise unterscheiden sich nämlich ganz schön zu denen in Deutschland. Allgemein kann man sagen, dass Milch und Milchprodukte extrem teuer sind (Käse, Joghurt und leider auch Schokolade…). Daher immer überlegen, was man kauft und was sich auch ohne Kühlschrank hält! Wer nach einer günstigen Alternative zu den “normalen“ Supermärkten (Metro, Loblaws, Super C und wie sie alle heißen) ist, sollte unbedingt “nofrills“ durchstöbern, wo es alles eine Nummer günstiger gibt. Auch 1-Dollar-Läden bieten immer irgendwie etwas, auch wenn es oft nur Dosenfraß ist.

Tipp 7

Ohne Auto ist es sehr schwer, billig irgendwo hinzukommen. Bahn- oder Busfahrten über weite Strecken gehen nämlich wirklich ins Geld. Wenn man 21 und älter ist, kann man sich auch eins mieten. Am Besten ist es aber, in Facebook-Gruppen oder bei kijiji.ca nach guten Angeboten für ein gebrauchtes Fahrzeug zu schauen. Benzin ist nämlich weitaus billiger als in Europa und am Ende seiner Reise kann man das Auto genauso wieder loswerden, wie man es ersteigert hat.

Tipp 8

Die wichtigste Lektion, die ich in Kanada gelernt habe, war, dass man niemals, nie, unter gar keinen Umständen aufgeben darf! Auch wenn das Geld knapp wird, wenn man sich einsam fühlt, wenn man kein Glück bei der Jobsuche hat, wenn einem etwas geklaut wird. Es gibt immer einen Ausweg und immer einen Plan B!

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