von Claudi und Jere
Claudia hat zusammen mit ihrem Freund Jeremias und einem Studienfreund Work and Travel in Neuseeland gemacht. Hier auf Auslandsjob.de berichtet sie von atemberaubenden Landschaften, Jetlag, Erdbeben, dem Geruch von deutschem Brot und zu viel Toast, dem Glücksspiel “Van-Kauf”, berauschenden Fahrten über die Südinsel, “richtige” Neuseeländer und so viel mehr…
Themenpark Neuseeland
Rückblickend und auch schon während der Reise wurde meinem Freund und mir klar: So ein Land mit all seinen unterschiedlichen Landschaften gibt es nur einmal. Im Nachhinein kommt mir Deutschland karg und großflächig vor. Neuseeland dagegen ist wie ein Themenpark: Durch jeden Tunnel den mal geht, um jede Häuserecke befindet sich ein neues Thema, jeder Meter wird ausgenutzt, um einen Wasserfall oder eine sonderbare Felsformation zu zeigen. Ich habe seither kaum noch ein Foto geschossen, denn die Landschaft hier reizt mich nicht mehr. Mir fehlt das Grün der Farne, das tiefe Blau des kalten Ozean, das Orange der Strände. Doch Neuseeland war nicht nur Natur sondern ein Abendteuer, eine Erfahrung, von der wir noch lange zehren werden.
Start in Christchurch
Los ging es am Ende der Hauptsaison, im neuseeländischen frühen Herbst, also unserem deutschem frühlingshaften März. Ich reiste zusammen mit meinem Freund und einem weiteren Studienfreund nach Christchurch. Wir hatten so gut wie keinen Plan, nur die Gewissheit: Das wird das beste Jahr überhaupt. Die Jungs verkrafteten den Jetlag wunderbar. Ich selbst machte jedoch den Fehler, mich nach der Ankunft im Hostel in Christchurch erst einmal hinzulegen und ein wenig zu schlummern. Das bescherte mir zwei Wochen lang Dauermüdigkeit und die ersten Ausflüge in das damals noch völlig intakte Christchurch – die Erdbeben sollten wir erst am Ende unserer Reise am eigenen Leib zu spüren bekommen -kamen mir ein bisschen so vor, als wäre ich leicht benebelt.
Deutsches Brot im Kiwi-Land
Die Jungs dagegen waren topfit und abenteuerlustig. Sie schauten sich bereits nach einem Van für uns um und kauften die Grundausstattung an Lebensmitteln, wie Gewürze, Zucker, Salz und Spaghetti. Unser erstes Hostel war gleich ein ausgesprochen deutsches Hostel: Sowohl die Besitzer waren Deutsche, als auch die Mehrheit der Gäste. Jeden morgen drang der Geruch von deutschem Brot in unser Zimmer, doch wir waren noch nicht lange genug in Neuseeland, um dieses gute feste dunkle Brot zu vermissen. Wir wollten so schnell wie möglich aufbrechen und das Land erkunden und doch ließen wir uns drei Wochen Zeit, um die Stadt, die Leute und das Lebensgefühl in uns aufzunehmen.
“Glücksspiel” Van-Kauf
Wir besuchten mehrere Automärkte und fanden schließlich einen verzweifelten Franzosen, der seinen Van unbedingt verkaufen musste, weil sein Flug am nächsten Tag zurück nach Europa ging. Diese Situation war unser Glück und drückte den Preis gewaltig. Für umgerechnet 1000 Euro kauften wir einen weißen Van, der zwar etwas kleiner war, als viele andere, sich dafür aber als der Glücksgriff unserer Reise herausstellte! In Neuseeland ein Auto zu kaufen dauert inklusive der Ummeldung und Gebührenzahlung ungefähr fünf Minuten und ist kinderleicht. Der Haken dabei: Es ist ein absolutes Glücksspiel. Nahezu alle Traveler lassen ihre Autos vor dem Kauf überprüfen, doch nach unserer Erfahrung erreichen nur gut die Hälfte von ihnen mir ihrem Gefährt auch das Ende ihrer Reise. Das liegt zum großen Teil daran, dass die Autos hier meistens schon viele Kilometer auf dem Tacho haben und eine harte Tortur durchmachen mussten, denn die Straßen Neuseelands sind bestenfalls befriedigend gepflegt. Wir hatten jedoch den Hauptgewinn gezogen und nach einem Jahr ohne große Pannen, ein bisschen gelber Farbe und coolen Kiwifiguren beim Verkauf fast den doppelten Preis zurück erhalten.
Norden oder Süden?
Es gibt diese ewige Debatte von Neuseelandbesuchern, welche der beiden Inseln die schönere sei. Du bist entweder im Team Nordinsel oder im Team Südinsel. Wir waren gespannt, was uns besser gefallen würde. Unser Van war also startklar und wir packten unsere Rucksäcke unter das Bett im hinteren Teil und fuhren über den Arthurs Pass zur Westküste der Südinsel. Von hier aus ging es in den Süden und wir vollendeten die Runde. Wenn ich an Neuseeland zurückdenke, dann kommen mir, obwohl wir innerhalb des Jahres nahezu alle Teile bereist haben, meistens Bilder von dieser wunderbaren ersten Runde in Erinnerung. Die Eindrücke strömten nur so auf uns ein. Wir ließen uns Zeit und waren trotzdem berauscht von den Autofahrten an den Schluchten entlang, dem Klang der großen Steine, die an der Westküste den Strand bilden und bei jeder Welle aufeinander verschoben werden, dem Grün der Wälder, die Gletscher, die Sonnenuntergänge, die Fjorde, einfach alles.
Profi-Backpacker
Neben dieser sagenhaften traumähnlichen Welt lernten wir das Backpackerleben kennen und wurden wahre Profis im Hostelbewertungen-lesen, im sinnvollen Packen der Vorräte, beim Kochen einfacher Hostelgerichte und wir wurden wahre Brotbäcker! Denn: Das typische englische weiße Weißbrot hält man im Durchschnitt zwei Wochen aus, ohne entweder ganz darauf zu verzichten, oder selbst Hand anzulegen. Waren wir zuhause eher Einkaufsmuffel, so gingen wir hier jedesmal alle gemeinsam in die großen Supermärkte. Ich hätte stundenlang durch die Gänge schlendern können, denn alle Produkte sahen so anders aus, es gab völlig neue Dinge und sehr viel aufwändigere Verpackungen als hier in Deutschland. Ironie: Es gibt in fast jedem Supermarkt ein mindestens sechs Meter langes Regal mit hundert verschiedenen Toastbrotangeboten. Manche sind sogar dunkel, haben Körner oben drauf und nennen sich “deutsches Brot”, doch jedes von ihnen ist geschmacksfrei und ließe sich leicht mit den Händen auf Tennisballgröße zusammendrücken, so fluffig sind sie.
Winterquartier in Nelson
Wir reisten bis es Winter wurde und quartierten uns in Nelson ein, um über den Winter mit Hilfe von Jobs unser Reisebudget aufzubessern. Ich arbeitete in einem Restaurants und putzte gegen Unterkunft im Hostel. Mein Freund fand einen Job in der Fischfabrik. Unser Studienfreund entschied sich indes dafür, den Sommer in Deutschland zu genießen und reiste wieder ab. Nach dem Winter begann unsere zweite Reiseetappe zu zweit. Nun übernachteten wir möglichst oft im Van auf Campingplätzen oder auch einfach in der Wildnis. Wir bereisten die Nordinsel und lernten deren ganz andere aber nicht weniger faszinierende Landschaft – geprägt durch die immensen geologischen Aktivitäten – kennen.
WWOOFing in Neuseeland
Als das Geld trotz sparsamen Lebens immer knapper wurde, nahmen wir das Angebot des “Woofings” war. Wir lebten bei Familien, bekamen freie Unterkunft und Essen und arbeiteten dafür täglich 3-5 Stunden. Wir jäteten meistens Unkraut, doch manchmal machten die Jobs auch richtig Spaß, wenn wir beispielsweise lernten, wie man Ziegen melkt oder mit Rasenmäherautos auf einer großen Wiese um die Wette mähten. Das unbezahlbare Erlebnis war jedoch, dadurch die richtigen Neuseeländer kennen zu lernen.
Die Menschen in Neuseeland
Denn anders als bei einem Freizeitpark, ist Neuseeland mehr als seine Attraktionen. Es hat auch noch tolle herzliche Menschen zu bieten, die ihre Häuser ohne Furcht für die Reisenden öffnen und an jedem einzelnen Besucher interessiert sind. Hier erlebten wir, wie die Menschen in Christchurch mit den Erschütterungen lebten, wir erfuhren hautnah, was es heißt, wenn die Erde nicht zur Ruhe kommt und sahen die vielen kleinen Schäden, die einen Hauseigentümer mit weniger Optimismus sicher zum Verzweifeln gebracht hätten. Doch nicht nur unter den Einwohnern machten wir Freunde, auch die Reisenden, die wir unterwegs kennenlernten, bereicherten die Reise um so viel mehr.
Fazit einer langen Reise durch Neuseeland
Das Fazit dieser Reise ist das gleiche wie von vielen Backpackern auf der ganzen Welt: Das Land ist grandios, doch die Menschen, die man während der Reise trifft und mit denen man diese Erfahrung teilt, machen den Augenblick zu einem unvergesslichen.
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