von Anna-Lena
Experience – Education – England
Ich bin Anna-Lena und mache momentan eine Ausbildung zur Industriekauffrau im 1. Lehrjahr. Seit 2017 gibt es an meiner Berufsschule das Erasmus+ Programm, welches Schülern ein Auslandspraktikum ermöglicht. Das Erasmus+ Programm ist ein Förderprogramm der Europäischen Union. Dadurch werden vor allem allgemeine sowie berufliche Bildung, Sport und Jugend gefördert. Dieses Jahr wurde an meiner Schule ein 4-wöchiger Aufenthalt in Wales/ England angeboten, bestehend aus einer Woche Sprachkurs und 3-wöchigem Praktikum.
Nachdem die Lehrer das Projekt vorgestellt hatten, war ich sofort begeistert und habe mich direkt beworben. Meine Bewerbung umfasste einen Lebenslauf mit dem Europass-Formular, ein Motivationsschreiben auf Englisch, einen Nachweis über meine schulischen Leistungen (da ich vier Wochen Unterricht verpassen werde) und die Zustimmung meines Ausbildungsbetriebes. Nach dem Bewerbungs- und Ausscheideverfahren habe ich – als eine von sechs Glücklichen – erfahren, dass ich genommen wurde. Ich konnte es zuerst gar nicht glauben, aber die Vorfreude auf die bevorstehende Zeit im Ausland überwog schnell. Auch wenn man denkt, man hat keine Chance: wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Es kommt nicht nur auf das sprachliche Level an, sondern auf die Motivation und den Willen daran teilzunehmen. Am 09.03. um 16:20 Uhr hob unser Flugzeug in Richtung Manchester ab. An Bord waren sechs aufgeregte, erwartungsvolle Schüler. In Manchester angekommen wurden wir von einem Busfahrer empfangen, der uns dann zu unseren Gastfamilien nach Llangollen fuhr.
Unterkunft
Meine erste Woche verbrachte ich bei einer neunköpfigen Familie in einem sehr kleinen Haus. In meinem Zimmer fühlte ich mich wie Harry Potter bei den Dursleys unter der Treppe, nicht mal mein Koffer hatte auf dem Boden Platz gefunden. Täglich Schlange stehen, um nur mal kurz aufs Klo zu gehen, stand an der Tagesordnung. Zum Essen gab es nur Tüten- und Fertiggerichte. Obst und Gemüse war dort wahrscheinlich ein Fremdwort. Nach der ersten Woche bin ich dann praktikumsbedingt in eine andere „Familie“ gezogen. Es war ein schönes großes Haus, in dem nur eine Frau wohnte. Sie kochte sehr lecker und täglich frisch. Beim Abendessen unterhielten wir uns immer über unseren Tag. Wir haben Tel.-Nummern ausgetauscht und falls ich mal wieder in England bin, werde ich sie besuchen.
Was ich mit diesen beiden Beispielen zeigen will ist, jede Familie ist anders – wie in Deutschland auch. Ich denke, dass man sich von negativen Erfahrungen nicht abschrecken lassen sollte, die gehören einfach dazu und wie die Engländer so schön sagen: You never lose, you either win or you learn.
Schule und Arbeiten
In der ersten Woche besuchte ich die Sprachschule ectarc in Llangollen. Das Ziel dort war es nicht unbedingt die Grammatik zu verbessern, sondern Englisch zu sprechen. Ja, man wurde förmlich sogar dazu „gezwungen“ Englisch zu sprechen – und das war gut so. Nach einem Sprachtest ging es auch schon los. Wir mussten die Einwohner über ihr Dorf befragen um so unsere „neue Heimat“ besser kennenzulernen. Dabei mussten wir auch immer ein Erinnerungsfoto mit der Person machen. Wir haben eine Umfrage erstellt und Personen in einem Einkaufszentrum interviewt. Wir haben Übungsaufgaben zu Telephoning, Complaints und Smalltalk gemacht. Highlight war das Backen von Welsh Cakes – die sehr zu empfehlen sind. Allen in allem war es eine sehr interessante und lehrreiche Woche. Ich/ wir alle wurden mutiger und selbstbewusster beim Englisch sprechen.
Und dann hieß es Arbeiten. Mein Praktikumsunternehmen “House of Party” ist ein familiengeführtes Unternehmen, das hauptsächlich Ballons und Artikel für Geburtstage und Babypartys vertreibt. Meine Aufgaben waren so vielfältig wie die Produktauswahl dort. Ich pflegte Produkte in Amazon ein, machte Bestandaufnahmen oder bereitete Online Bestellungen vor. Was mir besonders viel Spaß machte, war es den Shop zu dekorieren und Luftballon-Kreationen zu erstellen. Auch machte es mir viel Freude, personalisierte Banner und Luftballons zu erstellen. So war jeder Tag abwechslungsreich und bunt gefüllt.
Land und Leute
Die Engländer
Sie finden es lustig, dass wir in Deutschland die Schuhe ausziehen, wenn wir das Haus anderer betreten. Am Telefon melden sie sich ausschließlich mit „Hallo“, niemals mit ihrem Namen. Auch nach dem dritten Mal nachfragen können sie nicht glauben, dass es stimmt, dass wir Deutschen Strandliegen mit unseren Handtüchern markieren.
Der Straßenverkehr
Entweder sind die Autofahrer supernett und gewähren Jedem Vorfahrt oder extrem aggressiv und brüllen sich an roten Ampeln durch geöffnete Fenster mit den buntesten Ausdrücken an. Alles in allem habe ich sie trotzdem lieben gelernt. Ich mag ihre Art, ihre kleinen Verrücktheiten, die Herausforderungen, vor die es mich manchmal stellt (vor allem in Sachen Kommunikation). Mein Lieblingsort während der Zeit war definitiv das Dinas Bran Castle bei Llanggollen. Auch wenn wir uns den wahrscheinlich schlechtesten Tag wettermäßig ausgesucht haben, war es die Aussicht von dort oben mehr als wert. Besucht haben wir auch Wrexham, Llandudno, Liverpool, Manchester, Chester, Birmingham, Chirk und Shrewsbury. Alles Orte über die ich allein mehr als eine Seite schreiben könnte, sprich es ist definitiv lohnenswert jedem Ort mal einen Besuch abzustatten. Wenn Ihr im Ausland seid, versucht so viel wie möglich zu sehen und zu erleben.
Fazit
Ein Auslandsaufenthalt bietet die Chance, wertvolle Erfahrungen zur Arbeitskultur und Unternehmensorganisation in englischen Unternehmen zu sammeln und gleichzeitig die eigenen Englischkenntnisse im Kontakt mit den Gastfamilien und englischen Arbeitskollegen zu verbessern. Vor allem ist diese Erfahrung eine große Bereicherung für die persönliche Weiterentwicklung und verbessert die Berufsaussichten. Es ist eine Zeit, die ich nicht missen möchte und wenn ich die Chance hätte, würde ich meinen Koffer jetzt packen und morgen wieder zurückfliegen.
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