5 | Janas Blog – Mein Leben als digitaler Nomade

Nach vier Wochen mit meinen Eltern auf Teneriffa geht es für meinen Freund und mich jetzt so richtig los. Wir haben zwar auch schon in den vergangenen Wochen an den Laptops gearbeitet und uns so langsam in das Leben als digitaler Nomade eingefunden. Aber gefühlt fängt unser Abenteuer erst jetzt richtig an – so ganz auf uns gestellt und eigenständig. Welt, wir kommen! Auch wenn der Abschied nicht so einfach war wie ich gedacht hätte…

Junge Frau blickt auf das Meer

Am Anfang steht der Abschied

Als wir noch Zuhause waren, wurden wir oft gefragt ob wir aufgeregt seien. Zu meinem eigenen Erstaunen musste ich jedes Mal verneinen – ich freute mich zwar auf die Länder und die bevorstehenden Erlebnisse. Aber durch die ganzen Planungsschritte, die noch in meinem Kopf herumschwirrten und die bevorstehenden Wochen fühlte es sich einfach nicht so aufregend an. Der Kopf war auf Urlaub mit meinen Eltern eingestellt und nicht darauf, jetzt für lange Zeit ins Ungewisse und in die große weite Welt hinauszuziehen. Dadurch waren auch die Abschiede leichter als gedacht – natürlich hat man sich fester in den Arm genommen als sonst und ich musste öfter den Gedanken beiseiteschieben, dass man sich nun wirklich für lange Zeit nicht mehr sehen würde. Aber die große Melancholie und die erwarteten Tränenflüsse blieben aus.

Dementsprechend locker ging ich in Teneriffa an den bevorstehenden, letzten Abschied von meinen Eltern heran. Wie schlimm konnte der schon werden, wo es zuvor so glimpflich verlaufen ist? Den Abend vor dem Abflug meiner Eltern und unserer Abfahrt zur eigenen Unterkunft in Nordteneriffa überrollten mich dann aber doch die Emotionen. Zum einen bin ich froh darüber, einen so schönen Einstieg gehabt zu haben, der die Abschiede daheim um einiges erleichtert hat. Zum anderen war der Abschied von meinen Eltern dadurch aber auch sehr viel schwerer – wir hatten schließlich 4 Wochen gemeinsam in einem traumhaften Apartment verbracht, uns von morgens bis abends gesehen und schöne Sachen unternommen. Dass das alles nun für lange Zeit vorbei sein würde war schwierig für mich. Und dass wir am nächsten Tag nach einer endlosen Busfahrt in einem abgeschiedenen Örtchen und einer dunklen, altmodischen Wohnung ankamen, machte es nicht besser.

Nach diesem Dämpfer ging es für mich aber schon am nächsten Tag wieder bergauf. Ich war zwar noch immer erschlagen von dem so unerwartet abgeschiedenen Ort Taganana, wo die Zeit seit einigen Jahrzehnten stillzustehen scheint. Aber Jesper und ich mussten sowieso einkaufen, da es in Taganana nur einen kleinen Tante-Emma-Laden gab. So verbrachten wir einen Tag im quirligen Santa Cruz und tankten noch einmal modernes Stadtgewimmel. Wir suchten uns leckere Sachen aus, planten unsere Mahlzeiten und aßen noch einmal richtig gut in einem spanischen Buffet-Restaurant. Nachdem ich abends dann mit meinen Eltern und meiner Schwester geskypt hatte, war die Welt wieder in Ordnung. Meine Lust auf das Abenteuer war wieder voll da, die Welt konnte kommen – auch in Form des kleinen Örtchens Taganana.

Jetzt kann es losgehen

Eine Katze sonnt sich auf einem Ruderboot

Mittlerweile sind wir sogar froh, einen zweiwöchigen Zwischenstopp in Taganana gemacht zu haben. Der Alltag in diesem kleinen Idyll ist so einfach und ursprünglich, dass man so richtig die Seele baumeln lassen kann. Bei der Arbeit kann man den Blick über malerische Berge und das Wasser schweifen lassen. Im Hintergrund krähen zwei Hähne, Hunde bellen, gelegentlich blökt ein Schaf, abends quaken die Kröten, eine alte Kirchenglocke läutet – und klingt dabei wie eine Kuhglocke aus den Alpen. Draußen warten meist zwei Kätzchen am Treppenabsatz oder sonnen sich auf dem roten Ruderboot, und der kleine Schoßhund der Haushälterin schnaubt zufrieden, wenn er uns mit seinem Gebell erfolgreich in Richtung Dorf getrieben hat. Mehr Landidylle geht nicht. Und wenn man nach den steilen Aufstiegen wieder zu Atem gekommen ist, erwarten einen an jeder Ecke auch noch jede Menge atemberaubende Aussichten. Es hätte uns wahrlich schlechter treffen können. Auch die Freizeit ist nicht so schlimm, wie ich zu Beginn befürchtet habe – im Gegenteil, wir konnten wunderschöne Wanderungen erleben wie wohl nirgends sonst auf Teneriffa. Gipfel erklimmen, in verwunschene Lorbeerwälder abtauchen und durch die Natur streifen, ohne auch nur einer Menschenseele zu begegnen.

junge Frau wandert im Anagagebirge

Dass wir am Anfang froh darüber waren, nur zwei Wochen in diesem altmodischen, winzigen Örtchen verbringen zu müssen, wirkt nun ganz weit weg. Wir hätten gerne noch die vielen anderen Wanderwege erkundet und ich denke, die einmalige Soundkulisse wird uns ein klein wenig fehlen. Jetzt, wo wir uns so gut in unser erstes Ziel eingewöhnt haben, ist mein Tief vom Beginn endgültig überwunden. Nach dieser Natur- und Ursprünglichkeitskur bin ich bereit für all die Abenteuer, die auf uns warten.  Natürlich vermisse ich meine Lieben manchmal noch und wäre gerne bei ihnen – aber dann mache ich WhatsApp oder Skype an und schaue, was so los ist. In solchen Momenten beruhige ich mich außerdem immer mit dem Gedanken, dass es mir Zuhause in Wirklichkeit nicht besser ergehen würde. Dort müsste ich mich auch in irgendein Leben fernab meiner Heimat einfinden, irgendeine Wohnung suchen und ebenden Lebensstil leben, dem ich entgehen wollte. Würde ich dann zu meiner Schwester nach Osnabrück ziehen, obwohl mich das Stadtleben unglücklich macht? Würde ich bei meinen Eltern an der Nordsee bleiben und ständig das Gefühl haben, im Leben nicht voran zu kommen? Würde ich für irgendeinen Job irgendwohin ziehen und merken, dass meine wahre Heimat immer die Nordsee sein wird? Diese Gedanken holen mich jedes Mal in die Realität zurück und zeigen mir, wieso ich das alles hier mache. Es ist nicht schön, für so lange Zeit von allen getrennt zu sein – aber die Alternativen wären auch nicht schöner. Da bin ich einfach nur froh und dankbar, dass ich so viele schöne Erfahrungen gemeinsam mit meinem Freund machen und so viel von der Welt sehen kann.

Wie es jetzt weitergeht

Ich wäre zwar gern noch ein paar weitere Wochen in Taganana geblieben, aber ich bin auch überglücklich und aufgeregt, dass es nun endlich weitergeht. Wenn ich so recht darüber nachdenke, ist der wirkliche Anfang unseres Abenteuers erst Ende dieser Woche. Dann, wenn wir in den Flieger zu unserem ersten, selbst ausgesuchten Reiseziel steigen: Kapstadt.

Jetzt, wo der Abflug immer näher rückt, setzt auch langsam die Aufregung ein, die alle daheim schon vor Wochen erwartet hatten. Wird der Flug gut laufen? Werden wir unser Gepäck in Kapstadt vom Laufband nehmen können, oder bleibt es womöglich in Madrid oder Dubai stecken? Wird uns die Airbnb-Unterkunft gefallen? Werden wir ein gutes Auto kaufen können? Wird uns überhaupt das Leben in einer so großen Stadt gefallen? Neben all diesen Fragen bin ich einfach nur froh, bald Südafrika und Namibia gemeinsam mit meinem Freund entdecken zu können. Welt – wir kommen!

Hier weiterlesen:

>> Teil 1 | Von großen Träumen und kleinen Hindernissen

>> Teil 2 | Vom Träumen zum Machen

>> Teil 3 | Die wichtigsten To-do’s: Versicherungen, Bezahlungsmittel, Arztbesuche

>> Teil 4 | Die erste Zeit ortsunabhängiges Leben

>> Teil 6 | Mein Leben als digitaler Nomade in Kapstadt & Umgebung

>> Erfahrungen von 9 Monaten Leben als digitaler Nomade: Jana berichtet

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1 Gedanke zu „5 | Janas Blog – Mein Leben als digitaler Nomade“

  1. Das ist ein unglaublich toller Artikel. Du hast so recht, dass wir immer in der Vergangenheit bzw. in der Zukunft leben. Wir denken meist zu viel und können nicht im Hier und Jetzt entspannen.
    Danke für den schönen Beitrag – der einen noch einmal wieder daran erinnert, achtsam mit sich zu sein und den gegenwärtigen Moment zu genießen.
    Liebe Grüße!

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