Anton Wolff hat sich nach seinem Abitur nach Australien, Thailand, Kambodscha und Vietnam aufgemacht. Ein Reiseblog gehört mittlerweile ja fast schon zum Standard, der 19-Jährige hat sich aber dafür entschieden, seine Erinnerungen in einem faszinierenden Erinnerungsvideo zu dokumentieren, was anderen, die es auch hinaus in die Welt zieht, in ihrem Vorhaben unterstützen soll. Bisher hat der Psychologie-Student, der sich seine Reise unter anderem als professioneller Straßenkünstler in Perth finanziert hat, nur positives Feedback dafür bekommen. Wie er überhaupt auf die Idee kam und was er als nächstes vorhat, hat uns Anton im Interview beantwortet.
Work and Travel Magazin: Beeindruckendes Video! Hattest du die ganze Zeit die Idee, hinterher so was zu machen?
Anton: Die Idee ist eigentlich erst entstanden, als die Hälfte meiner Reisezeit schon vorbei war. Ich hatte meine Spiegelreflexkamera eigentlich für Reisefotografie mitgenommen und daher in den ersten dreieinhalb Monaten auch fast nur Fotos damit geschossen. Als ich die Ostküste bereist hatte, bin ich von Perth aus bis Darwin die Westküste Australiens hochgefahren.
Kurz nach Perth war unser erster Stopp in der Pinnacles Desert. Ich habe angefangen, zu fotografieren und war so unglaublich begeistert von der überwältigenden Atmosphäre dort, dass ich auch noch Videos machen wollte. Von da an hab ich immer mehr Videos aufgenommen, ohne zu wissen wofür. Irgendwann kam die Idee für diesen Film, die sich ab dann jeden Tag weiter entwickelt hat. Als mich die Begeisterung gepackt hat, habe ich zusätzlich angefangen Gedanken zu den Bildern aufzuschreiben, die jetzt als gesprochene Texte im Video zu hören sind. Wie das Ganze allerdings konkret hinterher aussehen sollte, hab ich nicht gewusst.
Work and Travel Magazin: Was war deine Intention damit? Wolltest du einfach nur Danke sagen und deine Erinnerungen in einer sehr besonderen Form festhalten?
Anton: Ich habe mir vor Beginn meines Trips viele Reisevideos angesehen, um ein besseres Bild von den Orten zu bekommen und natürlich um mich inspirieren zu lassen. Als ich dann so richtig mit dem Filmen angefangen habe, wollte ich eine Zusammenfassung für meine Freunde zu Hause, eine gemeinsame Retrospektive für all meinen Mitreisenden, aber natürlich auch ein aufregendes Projekt, an dem ich die ganze Reise lang arbeiten konnte. Dieses Video hat mich als einziger Reisepartner überall hin begleitet. Irgendwann ist dann der Anspruch in mir gewachsen, so ein inspirierendes Reisevideo für andere Backpacker zu machen, so wie ich sie in meiner Vorbereitung selbst gesehen hatte. In erster Linie ist es allerdings doch mein persönliches Erinnerungsvideo.
Work and Travel Magazin: Wie lange hast du daran gesessen?
Anton: Das Material stammt hauptsächlich aus den vergangenen drei bis vier Monaten meiner Reise. Meistens habe ich jeden Tag viele kurze Eindrücke aufgenommen, so dass sich am Ende rund 100 Stunden Videomaterial angesammelt hat. Der größte Aufwand war im Nachhinein daher das Aussortieren und Kürzen. Vier Wochen nach Rückkehr sind dann schließlich aus 100 Stunden rund 15 Minuten geworden und nach zwei weiteren Wochen schließlich die 4:30 Minuten. Ich betrachte das Projekt trotzdem noch nicht ganz als abgeschlossen. Mit den verbliebenen Sequenzen könnte ich immer noch kleinere Dokumentationen machen, zum Beispiel (mit den Schwerpunkten, d.Red.) Märkte in Vietnam oder die Angkor Wat Tempel.
Work and Travel Magazin: Was gab es für Feedbacks?
Anton: Ich habe besonders von meinen Mitreisenden, die ich via Facebook im Film verlinkt habe, viel positives Feedback bekommen. Das Video hat bei allen Erinnerungen wachgerufen und in vielen auch die Reiselust wieder entfacht.
Da sich die gesprochenen Texte sehr allgemein mit dem Phänomen „Reisen“ beschäftigen, habe ich sogar irgendwann von Fremden Nachrichten bekommen, die darin ihre eigene Reise wieder gefunden haben. Das hat mich natürlich etwas gewundert, aber trotzdem sehr gefreut! Manchmal passiert es auch jetzt noch, dass ich zum Beispiel in der Uni auf mein Video angesprochen werde. Dass das Video solche Kreise zieht, gibt einem natürlich ein schönes Gefühl!
Vorher warst du noch nie außerhalb Europas, und dann gleich so ein Trip. Wie kam es dazu, warum gerade diese Ziele?
Anton: Meine Reise sollte eigentlich in noch viel mehr Länder Asiens gehen, allerdings ist es mit der Zeit dafür dann zu knapp geworden. Die asiatische Kultur ist sicherlich eine der faszinierendsten und vielseitigsten der Welt; besonders in Hinblick auf Religion und Geschichte aber auch aktuell im Bezug auf Tourismus und Wandel. Am Beispiel Bangkoks sieht man ganz gut, wie sich neue und alte Gesichter schon seit Dekaden überlagern. Zusätzlich ist der Abendteuerfaktor in den asiatischen Ländern sehr hoch: Auf einer Taxifahrt in Kambodscha fielen dem Taxi bei einem Unfall leider sämtliche Scheiben raus. Solche Erfahrungen zu machen, ist zwar erst mal schockierend aber im Nachhinein einfach spannend!
Nachdem ich in Thailand gestartet bin, haben sich die anderen Reiseziele dann einfach ergeben.
Work and Travel Magazin: Wann genau war das und was machst du jetzt? Hast du ein neues Ziel?
Anton: Ich bin am 1. Januar 2013 nach Melbourne geflogen und Anfang August zurückgekommen. Ich bin jetzt 19 Jahre alt und im Augenblick studiere ich im zweiten Semester Psychologie in Münster. Im Rahmen meines Studiums hoffe ich durch Auslandssemester wieder ein anderes Land dieses Mal mit einer ganz anderen Intention dahinter kennen lernen zu können. Ansonsten ist die nächste große Reise nach dem Bachelor angesetzt: wahrscheinlich Südamerika!
“In Australien habe ich besonders wichtige Lebenserfahrungen gemacht”
Work and Travel Magazin: Du sagst in dem Video, die Reise und die Länder haben gewisse Dinge, besonders die Sicht darauf, geändert. Was genau? Und ist davon etwas hängen geblieben?
Anton: Ja, das ist richtig! In Australien habe ich besonders wichtige Lebenserfahrungen gemacht. Immerhin bin ich die ganze Zeit alleine unterwegs gewesen und habe dann auch drei Monate gearbeitet, um mir meine Reise zu finanzieren. Wie auch in dem Video kurz zu sehen ist, habe ich in Perth eine Zeit lang als professioneller Straßenkünstler – ich habe auf Müll getrommelt – gearbeitet. Allein, wie ich damit Geld verdient, wen ich dabei alles kennen gelernt und was ich dabei alles erlebt habe, ist eine unvergessliche Erfahrung, von der ich noch heute stundenlang erzählen kann!
Asien war vorher in meiner Vorstellung einfach nur ein Bild, das mit westlicher Farbe gemalt war. Ich fand es sehr wichtig, diesen Kontinent hautnah zu erleben: wie die Menschen arbeiten, was sie essen und womit sie sich ihre Zeit vertreiben. Auch die Architektur und klimatischen Bedingungen sind einfach Facetten Asiens, die man nur in Vivo erfährt.
Als Reisender habe ich selbstverständlich viel vom aufsteigenden Tourismus in den Ländern mitbekommen. Ich war ja selbst ein Tourist. In Thailand eine mittlerweile sehr ertragreiche Branche, in Kambodscha und Vietnam immer noch auf der Grenze zwischen Fluch und Segen. Es ist einem als Europäer gar nicht so bewusst, wie instabil die Wirtschaft solcher Länder sein kann und wie gut und sicher wir es in Europa haben. Somit hat mein Reise auch lebensqualitative Ansprüche relativiert.
“Meine schlimmste Erfahrung ist ein Krankenhausbesuch in Sihanoukville gewesen”
Work and Travel Magazin: Was war das beste/schlimmste Erlebnis auf deiner Reise, du hast ja auch über Kambodscha gesagt, dass es unglaublich sei, dass einen ein Land gleichzeitig so glücklich, aber auch so traurig machen könnte.
Anton: Das stimmt! Das war hauptsächlich auf den starken Kontrast in Angkor Wat bezogen: auf der einen Seiten die fantastische kulturelle Stätte, auf der anderen Seite die armen Straßenkinder, die versuchen den Touristen Souvenirs anzudrehen.
Meine schlimmste Erfahrung ist allerdings ein Krankenhausbesuch in Sihanoukville gewesen. Ich bin eines Morgens mit einem tropischen Fieber aufgewacht und konnte mich stundenlang nicht bewegen. Irgendwann hab ich es dann in ein TukTuk geschafft und bin nach einer absolut verrückten Fahrt am örtlichen Krankenhaus angekommen. Das ähnelte allerdings eher einem Kiosk und auch Übernachten wollte da nicht. Es ist zwar alles gut ausgegangen, jedoch war das eine Situation in der ich wirklich Stärke beweisen musste. Ich erinnere mich noch, wie ich am Ende meiner Behandlungen mit der Krankenschwester den Preis meines Bluttests ausgehandelt habe. Unvorstellbar.
Die schönste Erfahrung habe ich wahrscheinlich in Perth gemacht, auch wenn das schwierig zu sagen ist – es gab so viele gute Erfahrungen. Ich bin nach einer Performance als Straßentrommler in der Fußgängerzone mit der Bahn in Perth unterwegs gewesen und plötzlich fingen Leute an, mich anzusprechen. Sie hätten mich gesehen, und was ich denn so mache und dass sie ihrer Familie zu Hause davon erzählt hätten. Die Leute waren wirklich begeistert und ich habe gemerkt wie, unglaublich nett und freundlich Australier einfach sind. Dass meine „Arbeit“ so viel Anerkennung und Reichweite hatte, hat mich einfach wahnsinnig gefreut. Das Gleiche kann ich abschließend auch über meinen Film sagen.
Zum Erinnerungsvideo von Anton geht es hier:
Und hier sind noch zwei Sequenzen über Antons Auftritte als professioneller Straßenkünstler auf den Straßen Perths:
Sehr schoenes Interview mit einem absolut authentischen Menschen und einer beeindruckenden Geschichte (vor Allem das Strassenmusikerleben). Viel Glueck weiterhin und viel Spass in Suedamerika (im Oktober gehts bei mir los juhu).