Auslandsaufenthalt mit Sinn und Bezug zur Karriere! Interview mit Elvira Urmeew, Uni Bonn

Reines Umherreisen überzeugt keinen Personaler – Der Bezug zur Karriere ist bei der Auslandszeit wichtig

Elvira Urmeew, Sachgebietsleiterin "Personal aus Drittmitteln", Universität Bonn

Elvira Urmeew, Sachgebietsleiterin in der Abteilung „Personal aus Drittmitteln“, Universität Bonn
(Foto: privat)

Auslandsjob.de: Welche Art von Auslandszeit überzeugt Personalfachleute bei einer Bewerbung? Was ist sinnvoll für die Karriere und den Lebenslauf?

Erasmus-Programme, Austauschprogramme während der Ausbildung oder Schulzeit, Praktika mit fachlichem Bezug oder Freiwilligenarbeit, das sind Beispiele für ausgesprochen sinnvolle Auslandsaufenthalte. Besonders positiv wirkt es sich natürlich aus, wenn man den Auslandsaufenthalt im Zuge eines Stipendiums, z.B. über den DAAD oder Erasmus absolviert.

Dabei spielt die Kurz- oder Langfristigkeit eines Auslandsaufenthaltes meiner Meinung nach eher eine untergeordnete Rolle. Allerdings habe ich beobachten können, dass es vielen nach einem Jahr oder mehr Work und Travel sehr schwerfällt, wieder in den „Alltag“ in Deutschland zurückzukehren und wieder in das Studium oder den Job einzusteigen. Es kommt aber vor allem darauf an, mit welchem Ziel man eine Auslandszeit plant und was genau man im Ausland macht. Reines Reisen z.B. in Australien liest sich im Lebenslauf wie „Urlaub“, selbst Work und Travel kann sich dann zuweilen auf den Lebenslauf negativ oder gar nicht auswirken, wenn sich kein Bezug zum späteren Studium oder angestrebtem Berufsfeld erkennen lässt. Positiv wirkt sich ein Auslandsaufenthalt im Lebenslauf aus, wenn er als zielgerichtet rüberkommt, um fachliche Kompetenzen oder Soft Skills und Sprachkenntnisse auszubauen. Möchte man beispielsweise Soziale Arbeit studieren oder bei einer NGO arbeiten, ist natürlich Freiwilligenarbeit im Ausland eine sehr gute Möglichkeit, sich in diesem Umfeld umzuschauen und gleichzeitig den Lebenslauf für eine solche berufliche Laufbahn aufzuwerten.

Auslandsjob.de: Sie haben selber eine Auslandszeit gemacht. Was hat sie bei Ihnen bewirkt? Welche Vorteile sehen Sie?

Ich habe schon in der Schulzeit zwei Auslandsaufenthalte gemacht: einmal drei Monate einen Schulaufenthalt in Russland und zwei Monate im Sommer an der Harvard Summer School in Cambridge, USA. Danach habe ich im Bachelorstudium ein fünfmonatiges Auslandssemester in Australien an der University of Queensland in Brisbane absolviert. Ich habe es vor allem in Australien als sehr positiv empfunden, nicht „nur“ Work und Travel zu machen, sondern zur Uni zu gehen, und einen strukturierten Tagesablauf zu haben, sich einen Freundeskreis aufzubauen und trotzdem nebenher viel Reisen zu können.

Während meines Masterstudiums habe ich an zwei drei- bis vierwöchigen Summer Schools in Indien und China teilgenommen. So verschieden die Länder und auch Formate der Auslandszeiten waren, sie haben mich immer grundlegend in meiner Persönlichkeit weiterentwickelt. Man entwickelt in den meisten Fällen eine große interkulturelle Kompetenz und verbessert seine Sprachkenntnisse. Ich persönlich empfinde aber gerade für die jüngeren Leute, dass sich diese Aufenthalte sehr positiv auf das Selbstbewusstsein, die Toleranz und die Problemlösungsfähigkeit auswirken. Einen solchen Aufenthalt größtenteils selbst zu organisieren, die Finanzierung zu planen und dann vor Ort verschiedenste Hindernisse zu überwinden, ist sehr förderlich für die persönliche Entwicklung und ermöglicht den Aufbau und die Verbesserung von Soft Skills, die im Arbeitsleben unerlässlich sind wie beispielsweise Offenheit und selbstbewusstes Auftreten, Frustrationstoleranz oder Kreativität.

Auslandsjob.de: Sollten bereits Abiturienten bei der Planung einer Auslandszeit berücksichtigen, was später für die Karriere, den Job, die Soft Skills, Sprachkenntnisse, das Studium nützlich sein kann?

Ich denke ja. Ich reise selbst gerne und bin im Anschluss an die Summer School in China mehrere Wochen durch Südostasien gereist. Ich würde definitiv empfehlen, dies bei der Planung eines Auslandsaufenthaltes zu berücksichtigen und Spaß am Reisen und anderen Kulturen mit sinnvollen Aktivitäten zu kombinieren. Zum einen gilt bei vielen Unternehmen noch das Ideal des „lückenlosen“ Lebenslaufs, sodass sich ein längerer Auslandsaufenthalt z.B. durch ein Praktikum oder eine Summer School im beruflichen Umfeld einfach besser „verkaufen“ lässt. Der Erwerb von Soft Skills oder Sprachkenntnissen lässt sich natürlich durch einen Sprachkurs oder ehrenamtliches Engagement besser nachweisen als durch „reines Reisen“.

Nichtsdestotrotz kann ich mich wirklich nur für eine Auslandszeit aussprechen! Heutzutage gibt es so viele Möglichkeiten diese in den Lebenslauf zu integrieren.

Auslandsjob.de dankt Elvira Urmeew für ihre Antworten.

Das Interview führte Beatrix Polgar-Stüwe

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