Der Journey Man im Interview

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Fabian Sixtus Körner: Selbstporträt während des Ramadans in Ägypten Fotos: privat

Fabian Sixtus Körner ist zwei Jahre mit verdammt wenig Geld durch die Welt gereist und sich dabei mit vielen Talenten über Wasser gehalten. Für seinen Trip hat er das Walz-Konzept modern interpretiert, dabei die unterschiedlichsten Jobs auf fünf Kontinenten angenommen, für Kost und Logis gearbeitet und allerlei erlebt. Über seine Erfahrungen hat er in einem Buch verarbeitet, das es bis in die Spiegel-Bestsellerliste gebracht hat. Wir haben den Journey Man im Interview gefragt, wie es jetzt weiter geht für ihn, was er für Projekte geplant hat und wie es sich anfühlt, ein Tausendsassa zu sein.

w&t/magazin: Die Veröffentlichung deines Buches „1 Mann, 5 Kontinente und jede Menge Jobs. Journey Man“  liegt ja schon etwas zurück. Was machst du derzeit, bist du wieder ganz normal in Berlin am Arbeiten, oder noch mit den „Auswirkungen deines Buchs“ beschäftigt?
Fabian: Derzeit halte ich in der Tat noch einige Vorträge, erledige kleine Grafikjobs, die ich vorher auch gemacht habe und plane neue Sachen. Einige sind gerade in der Pipeline, da warte ich größtenteils noch auf Rückmeldung, wie beispielsweise die Umsetzung einer englischen Übersetzung des Buches, oder die Entwicklung eines neuen Reiseformats für den Bildschirm. Von September bis November werde ich in Sri Lanka sein, um einen Dokumentarfilm zu drehen. 

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Das unbedingt lesenswerte Buch von seiner Reise wurde zum Bestseller
w&t/magazin: Dein Buch wurde ja bereits ins Chinesische und Koreanische übersetzt, aber an der englischen Übersetzung hapert es noch. Woran liegt das?
Fabian: Soweit ich das verstanden habe, liegt das daran, dass der Buchmarkt gerade in Großbritannien und in den USA zurzeit ziemlich leidet. Dort sind wohl nur die absoluten Bestseller der Belletristik gefragt. Hinzu kommt, dass dort generell wenige Bücher übersetzt werden, die setzen eher auf ihre eigenen Leute, die ja auch auf Reisen gehen. 
w&t/magazin: Als Alternative käme ja dann Crowdfunding in Frage, was du dir ja auch schon überlegt hast, richtig?
Fabian: Genau, ich warte jetzt noch die letzten Vertragsverhandlungen ab, aber letztendlich glaub ich, dass es darauf hinaus laufen wird. 
w&t/magazin: Aber das dürfte ja bei deiner jetzigen Popularität, dem Bucherfolg und deinen Kontakten in aller Welt ja auch ganz gut laufen…
Fabian: Das ist schwer zu sagen. In dem Buch kommen schon viele Leute vor, aber die meisten, die mich kennen, leben in Deutschland und haben das Buch auf Deutsch gelesen. Warum sollten die eine englische Übersetzung finanzieren? Von daher ist das nicht so klar, dass das wirklich von Erfolg gekrönt sein wird. 
w&t/magazin: Ich mache mir da trotzdem nicht allzu große Sorgen, weil du ja auch auf deinem zweijährigen Trip immer wieder bewiesen hast, dass du ziemlich findig bist. Für dich scheint es ja kein „Geht nicht, gibt es nicht“ zu geben.
Fabian: Das stimmt schon so. Also, wenn ich das mache, dann mache ich das, weil ich denke, dass das erfolgreich sein könnte und dann versuche ich auch alles, dass das Erfolg hat.

“Ich probiere auf jeden Fall gerne Sachen aus”

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Auf seiner zweijährigen “Waltz” erledigte er allerhand Jobs, schaffte es sogar in die Jury eines Schönheitswettbewerbs

w&t/magazin: Gibt es eigentlich etwas, was du nicht kannst? Du bist ja Designer, Fotograf, Innenarchitekt, Blogger, Buchautor und hast dir mit deinem Fähigkeiten ja auch die beiden Walzjahre „finanziert“. Es liest sich auf jeden Fall so, als seist du ein Tausendsassa.

Fabian: Ich probiere auf jeden Fall gerne Sachen aus. Dabei versuche ich diese nicht einfach irgendwie, sondern gut zu machen. An Sachen, die ich nicht besonders gut kann, traue ich mich selten ran. Ich würde jetzt beispielsweise mir nicht die Aufgabe stellen, innerhalb von zwei Wochen Indonesisch zu lernen. Denn ich habe kein Talent, Sprachen zu lernen. Deshalb habe ich mich bei meiner Reise nur mit Englisch durchgeschlagen und mir jeweils nur wichtige Wörter wie „Danke“, „Bitte“ und ein paar typische Fragen gemerkt. Mehr aber auch nicht. 
w&t/magazin: Und wie sieht es im sportlichen und musischen Bereich aus?
Fabian: Och, ganz gut eigentlich. Ich war tatsächlich mal ein ganz guter Fußballer: Ich habe mit 14 Jahren wegen eines Kreuzbandrisses aufgehört, war aber im erweiterten Kader der Nationalmannschaft. Zudem habe ich relativ lang in Bands gespielt, zehn Jahre lang Musik gemacht und letzten Endes aufgehört, weil ich gemerkt habe, dass mein Talent nicht reicht, um da wirklich gut drin zu werden. Deshalb beschränke ich mich mittlerweile auf das Musik hören, aber mache das in Ekstase. 
w&t/magazin: Deine vielen Talente können einem fast ein wenig Angst machen. Hast du überhaupt vor etwas Angst, oder gilt es die dann einfach zu überwinden? Du bist ja beispielsweise mit ganz wenig Geld los geflogen und wusstest ja auch nicht, ob und was für Jobs auf dich zukommen. 
Fabian: Die Geldsituation hat mir dabei weniger Sorgen gemacht, als die Jobsituation. Ich würde nicht sagen, dass ich Angst hatte, aber zumindest war ich sehr nervös, vor allem beim ersten Job, als mich ein riesiges Architekturbüro als Architekt eingestellt hat, obwohl ich Innenarchitektur studiert habe. Da habe ich mir schon die Frage gestellt, ob ich das hinkriege. Das war ja auch ein Projekt, hinter dem viel Kohle steckte. Ein bisschen Respekt hatte ich also schon, aber das hat sich mit jedem weiteren Job ein wenig mehr gelegt.  

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Auf Kuba arbeitete er mit einem Freund an dem Foto-Projekt “Ich bin Havanna”
w&t/magazin: Viele deiner Jobs haben auch darauf abgezielt, etwas Gutes zu bewirken. Als Beispiel sei da das Video angeführt, das du in Bangalore/Indien gemacht hast, um gegen den „Dancing Ban“ zu protestieren. War das eine spontane Aktion, oder hattest du das von Anfang an im Sinn? 
Fabian: Ich kann mich viel mehr in Projekte reinhängen, wenn ich weiß, dass die einen gewissen Mehrwert haben und nicht nur der Unterhaltung dienen. Das macht es auch grad so schwierig, neue Projekte an den Start zu bringen, die größer sind und bei denen andere Produktionsfirmen mit an Bord sind. 
w&t/magazin: Du hast geschrieben, dass es nicht unwichtig war, dass du von anderen Reisen schon Leute in der Welt kanntest, und dir unterwegs wieder Leute weitere Kontakte vermittelt haben, die dir die Jobsuche ein wenig erleichtert haben. Siehst du das immer noch so, dass das ein wichtiger Faktor war?
Fabian: Alle meine Jobs habe ich nicht nur durch Kontakte bekommen, das wurde nämlich oft in Kritiken bemängelt. Ich glaube, es waren weniger als die Hälfte. In Indien war es beispielsweise so, dass mich ein Holländer, den ich von einer vorherigen Reise kannte, an seine Freundin verwiesen hat, die mich an einen Architekten weiter geleitet hat, der mir dann einen Job bei einem Freund vermittelt hat. Ich denke, dass meine Erfolge bei der Jobsuche eher ein Beweis dafür sind, dass die Sechs-Ecken-Theorie – also, dass man jeden Mensch auf der Welt über sechs Ecken kennt – tatsächlich stimmt und Vitamin B gar nicht so wichtig ist.

“Ich bin eigentlich kein kontaktfreudiger Mensch”

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Im indischen Bangalore setzte er sich gegen das nächtliche Tanzverbot ein

w&t/magazin:  Ich meinte auch nicht das häufig negativ besetzte Vitamin B, sondern, dass du einfach ein Mensch bist, der viele Leute kennt und mit offenen Augen und Ohren durch die Welt geht und für den sich das auch ab und zu auszahlt. 

Fabian: Dem würde ich allerdings auch nicht so zustimmen. Denn ich bin eigentlich kein kontaktfreudiger Mensch. Ich bin zwar total abenteuerlustig und gehe gerne raus, vor allem außerhalb meines sozialen Netzwerks, aber eigentlich bin ich eher introvertiert. Das nervt mich natürlich auch ein bisschen und deswegen versuche ich solche Sachen, die mich stören, auszuhebeln, in dem ich verreise. Zu Hause gibt es Phasen  – vor allem im Winter – da komme ich nicht raus aus meiner Wohnung und begebe mich deshalb in die Situation, in der ich mich mit Leuten auseinander setzen muss. Damit habe ich auch gute Erfahrungen gemacht, weil ich eben relativ zurückhaltend bin. Ich habe mittlerweile natürlich schon ein großes Netzwerk, weil ich viel draußen war, aber nicht weil ich ein Typ bin, der auf Menschen zugeht. Auch Small Talk liegt mir überhaupt nicht.
w&t/magazin:  Auf deiner Homepage erweckst du irgendwie einen anderen Eindruck, weil du dort ja auch anderen offerierst, den Kontakt zu dir zu suchen, wenn sie Fragen haben, oder dein Buch signiert haben möchten.
Fabian: Das stimmt, ich habe mich auch anfangs mit vielen in Berlin getroffen, die Ähnliches vorhatten und mit mir über ihr Vorhaben sprechen wollten. Am Ende habe ich festgestellt, dass keiner von denen tatsächlich losgezogen ist. Ich habe mich dann dazu entschieden, dass nur noch zu machen, wenn die Leute ganz konkrete Fragen haben, auch weil es am Ende etwas viel geworden ist. Ich merke definitiv, dass ich, seitdem ich wieder in Deutschland bin, die Tendenz dazu habe, wieder in alte Strukturen zu verfallen. Ich habe mich auch noch nicht mit meinem derzeitigen Status angefreundet, der ein Zwischending ist: Ich habe das Alte fast abgeschlossen, aber noch nichts Neues und muss gucken, was als nächstes kommt. Will ich zurück auf die Design- oder die Journeyman-Schiene?

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In San Francisco brachte er mit einem Video über einen jungen, Trompete spielenden Straßenmusiker das “Trumpet Kid” groß raus

w&t/magazin: Apropos weiter machen: Was war das Beste, was du von deiner Reise mitgenommen hast?

Fabian: An materiellen Dingen gar nichts, und ich möchte auch nicht vergessen, wie es ist, ohne Besitz zu leben, obwohl ich wieder eine Wohnung habe. Ich möchte mit Dingen leben, die ich wirklich brauche, und mir nicht einreden, dass ich eine neue Käsereibe brauche, weil ich diese bei einem Freund gesehen habe. Ich möchte auch nicht nach dem Leben oder der Karriere anderer streben. Das ist die wichtigste Sache, die ich mitgenommen habe und das versuche ich auch beizubehalten. 

w&t/magazin:  Hast du zu den Leuten von unterwegs noch Kontakt?
Fabian: Ja, über Facebook und anderen sozialen Netzwerken ist das ja leicht. Ich habe natürlich nicht mit allen Kontakt, weil ich mich auch nicht mit allen gleich gut verstanden habe. Eigentlich habe ich aber fast in jedem Land noch zu Leuten Kontakt, und das nicht nur, indem ich deren Status-Mitteilungen lese, sondern auch über direkte Konversation. Selbst aus Kuba schreibt mir noch jemand E-Mails, wenn er Zugang zum Internet hat.  

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